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Im Rahmen der 2006 gestarteten Landesinitiative Substanzerhalt wird das Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick entsäuert und zukunftssicherer gemacht. Die Landesinitiative bezuschusst die Entsäuerungskosten nichtstaatlicher Archive mit 70 Prozent. Neben der Entsäuerung der Dokumente durch den Dienstleister, werden die Logistik, Vor und Nachbereitungsarbeiten und Qualitätskontrolle von den Mitarbeitern des Projektes übernommen.

Das Archiv der Arbeiterjugendbewegung in Oer-Erkenschwick hat sich 2009 zur Teilnahme für 2010 angemeldet. Entsprechend dieser Anmeldung wurde ein Vororttermin vereinbart, um den Ablauf zu besprechen und einen Bestand zu bestimmen, der für die Entsäuerung geeignet ist. Es wurde beschlossen, einige Originale aus der Zwischenkriegszeit, Teile von Beständen der SJD – Die Falken und des Bestands Peter Weiß entsäuern zu lassen. Die Entsäuerung der Bestände war nötig geworden, da die Unterlagen aus ligninhaltigem Papier bestehen.

Der Bestandteil Lignin innerhalb des Papiers bewirkt im Zusammenspiel mit Licht, dass es zur Säurebildung kommt. Die Papierfaser wird durch die entstehende Säure geschwächt bzw. abgebaut. Dies hat zur Folge, dass das Papier vergilbt und brüchig wird. Ein rechtzeitiges Eingreifen ist von Vorteil, damit die Entsäuerung noch ihre Wirkung entfalten kann bevor dieser Prozess zu weit fortgeschritten ist.

Da die Mehrheit der Blätter lose vorlag und die Papiere relativ abgebaut waren, bot es sich an, die Blätter dem GSK Verfahren zuzuführen. Dieses Verfahren auf Wasserbasis ist speziell für lose Blätter konzipiert und hat den Vorteil, dass die Abbauprodukte ausgeschwemmt werden. Zusätzlich werden die Blätter durch die im Konservierungsbad enthaltene Methylcellulose nachgeleimt. Vor allem diese Nachleimung war gewünscht, um die Papiere noch mehr zu stabilisieren.

Die Entsäuerung kann die gebildete Säure neutralisieren und einen Puffer einbringen, aber nicht verhindern, dass sich erneut Säure bildet. Der Prozess wird aber verlangsamt, was eine deutliche Verlängerung der Haltbarkeit des Papieres bedeutet. Um die Entsäuerung durchführen zu können, wurden die Akten im LWL-Archivamt für Westfalen in Münster vorbereitet. Die Blätter, die in Stehordnern aufbewahrt wurden, wurden für die weiteren Arbeitsschritte entnommen und das noch in den Aktenblättern enthaltene Metall entfernt, um das Papier nicht durch Rost noch weiter zu beschädigen.

In einem weiteren Schritt wurde die Papieroberfläche mit einem Latexschwamm trocken gereinigt, um eine Fixierung des Oberflächenschmutzes im Papier zu vermeiden. Des Weiteren war es notwendig, Aufklebungen (wie z.B. Zeitungsartikel, Briefmarken etc.) zu sichern, um eine Ablösung durch das im Konservierungsbad enthaltene Wasser zu unterbinden. Letztendlich wurden die einzelnen Blätter mit einem Minibügeleisen geglättet, um die weitere maschinelle Bearbeitung zu gewährleisten.

Nach Abschluss dieser vorbereitenden Arbeitsschritte wurden die Akten in Transportmappen verpackt und zum Dienstleister transportiert. Beim Dienstleister werden in einem ersten Schritt die Blätter foliiert und gleichzeitig solche Blätter aussortiert, die nicht maschinell behandelbar sind, da sie zu große Risse aufweisen, wodurch das Material durch das alkalische Bad beschädigt werden würde. Dieser sogenannte Bypass wird zur späteren manuellen Bearbeitung gesondert verpackt.

Im nächsten Schritt werden die foliierten Blätter maschinell entsäuert und gleichzeitig getrocknet. Direkt im Anschluss werden die Blätter gepresst, um einen Volumenzuwachs zu vermindern. Die Akten werden verpackt und die Dokumentation der bisherigen Schritte erstellt. Sind diese Arbeiten erledigt, werden die Archivalien durch Projektmitarbeiter des LWL Archivamts für Westfalen abgeholt, um die Nachbereitungsarbeiten dort durchzuführen.

Innerhalb dieses Abschnitts des Entsäuerungsprozes- ses erfolgen folgende Arbeiten:

Der Oberflächen-pH-Wert wird gemessen, um die Entsäuerung und den durch den Dienstleister garantierten pH-Wert zu bestätigen. Der bereits erwähnte Bypass wird nochmals sortiert, um endgültig zu entscheiden, ob die aussortierten Blätter nicht entsäuert werden können oder mittels Handentsäuerung zu entsäuern sind. Wird entschieden, dass ein Blatt auf Grund seiner Materialzusammensetzung nicht entsäuert werden kann, werden die Blätter umkopiert und neutral oder alkalisch eingeschlagen. So werden beispielsweise Thermokopien umkopiert, da sie mit der Zeit verschwärzen (woran auch eine Entsäuerung nichts ändert) oder auch Fotos neutral eingeschlagen, da sie durch alkalische Medien beschädigt würden. Zusätzlich werden am Bypass Risse und Fehlstellen mittels Japanpapier und Methylcellulose geschlossen.

Sind alle Bypassblätter bearbeitet, beginnt die eigentliche Endkontrolle. Die Blätter werden anhand ihrer Foliierung in ihre ursprüngliche Reihenfolge gebracht. Entsprechend des Wunsches des Archivs werden die Blätter auf Aktenbügel und Aktendeckel aufgezogen, sowie in Kartons verpackt und beschriftet.

Da mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln nur ein Teil des Archivs bearbeitet werden konnte, ist die Frage der Finanzierung der für 2011 geplanten Bearbeitung der bis dato noch nicht bearbeiteten Akten noch offen.

Die Vorgehensweise für den Bestand des Archivs der Arbeiterjugendbewegung spiegelt die Gesamtsituation des Landesprojektes Substanzerhalt wieder, in dessen Rahmen noch eine erhebliche Anzahl von Archivalien darauf warten, vor dem Verfall bewahrt zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass weiterhin Mittel zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt werden können, sonst könnte unser Zeitalter, wie von pessimistischen Forschern prognostiziert, tatsächlich als das »Undokumentierte « in die Geschichte eingehen.

 

von: Sabrina Heumüller

aus: Mitteilungen, Archiv der Arbeiterjugendbewegung 1/2011

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